Was hat die Realität mit der Fotografie zu tun? Nichts, wenn
man die Auffassung vertritt, Fotografie ist alles, was durch ein technisches
Verfahren auf Fotopapier festgehalten wird.
Fragt man die Puristen, die
Dokumentarfotografen –
so ist für sie die Realität alles und der Rest nur
Feuilleton. Aber auch die Fotografen, die die Wirklichkeit inszenieren, reklamieren
natürlich auch für sich die Realität als Inspirationsquelle. Das Merkmal
»Realität« reicht also nicht aus, um die »direkte Fotografie« einzukreisen.
Handelt es sich doch bei der »direkten Fotografie« um ein
Vorgehen, in der die künstlerische Produktion vergeistigt, abstrahiert wird.
Die »direkte« Kunst reflektiert im besten Fall unmittelbar
die gesellschaftlichen Gegebenheiten. Durch die Benutzung der Kamera muss der
Künstler vor Ort sein, draußen, -
nicht im Schutz eines Ateliers oder eines Computerraums. Diese
Konfrontation mit der Realität verändert die Fotos und den Fotografen. Es ist
Zufall möglich, Scheitern und Erfolg liegen eng beieinander und der Fotograf
lernt weiter, wie die Realität aussieht. Für den Fotografen macht dieser Kampf
zwischen Zufall und seinen Fähigkeiten den Reiz dieses Genres aus. Dies ist
auch ganz im Sinne des Betrachters, der Zugang bekommt zu menschlichen
Bereichen, die ihm verschlossen sind, oder es werden ihm bekannte Dinge unter
einem neuen Blickwinkel gezeigt. Die »direkte Fotografie« ist damit nicht nur
eine mediale Variante der Fotografie, sondern auch ein inhaltliches Programm.
auszüge aus: © Thomas Leuner, März 2003
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