Montag, 15. Oktober 2012

straight / direkte fotografie


Was hat die Realität mit der Fotografie zu tun? Nichts, wenn man die Auffassung vertritt, Fotografie ist alles, was durch ein technisches Verfahren auf Fotopapier festgehalten wird.
Fragt man die Puristen, die Dokumentarfotografen –
so ist für sie die Realität alles und der Rest nur Feuilleton. Aber auch die Fotografen, die die Wirklichkeit inszenieren, reklamieren natürlich auch für sich die Realität als Inspirationsquelle. Das Merkmal »Realität« reicht also nicht aus, um die »direkte Fotografie« einzukreisen.
Handelt es sich doch bei der »direkten Fotografie« um ein Vorgehen, in der die künstlerische Produktion vergeistigt,  abstrahiert wird.
Die »direkte« Kunst reflektiert im besten Fall unmittelbar die gesellschaftlichen Gegebenheiten. Durch die Benutzung der Kamera muss der Künstler vor Ort sein, draußen, -  nicht im Schutz eines Ateliers oder eines Computerraums. Diese Konfrontation mit der Realität verändert die Fotos und den Fotografen. Es ist Zufall möglich, Scheitern und Erfolg liegen eng beieinander und der Fotograf lernt weiter, wie die Realität aussieht. Für den Fotografen macht dieser Kampf zwischen Zufall und seinen Fähigkeiten den Reiz dieses Genres aus. Dies ist auch ganz im Sinne des Betrachters, der Zugang bekommt zu menschlichen Bereichen, die ihm verschlossen sind, oder es werden ihm bekannte Dinge unter einem neuen Blickwinkel gezeigt. Die »direkte Fotografie« ist damit nicht nur eine mediale Variante der Fotografie, sondern auch ein inhaltliches Programm.
auszüge aus: © Thomas Leuner, März 2003

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