Abstrakte Kunst (auch gegenstandslose Kunst) ist eine
Kunstrichtung, die mit dem Anfang des 20. Jahrhunderts begann, als die ersten
Maler sich immer weiter von der Wiedergabe oder Interpretation der realen Welt
in ihrer Malerei entfernten. Unter die Bezeichnung fallen sowohl
„abstrakt-abstrahierende“ wie „abstrakt-gegenstandslose“ Werke. Erstere
abstrahieren vom Gegenstand, letztere bedienen sich autonom der malerischen
Mittel ohne jeden Gegenstandsbezug. (wikipedia)
Geht man vom Begriff 'abstrahieren' aus, dann heißt dies
"etwas abziehen". Es gibt also etwas Ganzes ...von dem etwas
abgezogen werden soll. Ziehen wir von hundert zehn ab, bleiben 90 übrig. Bei
der Abstraktion im Bildnerischen ist das nicht so. Ziehen wir z.B. von einem
Gesicht Pickel ab, so ist das Ergebnis nicht
weniger, sondern zumindest anders, eher ist es sogar mehr. Es ist vom
Zufälligen befreit.
Pablo Picasso, "Stier", 5.12.1945 bis 17.1.1946,
Lithografie, ca. 29x42 cm
Diese Serie von Picasso ist ein gutes Beispiel um zu
demonstrieren, was Abstraktion kann. Das was als "wesentlich"
erscheint kann immer neu gesehen werden.
1. Zustand
Man kann hier den ikonischen Ursprung deutlich
nachvollziehen
2. Zustand
Hier wird das Elementare des Animalischen herausgearbeitet.
3. Zustand
4. Zustand
Vielleicht hier das animalisch Dumpfe, das
"Fleisch".
5. Zustand
Ein Wechsel in Richtung 'Formulierung' findet statt, das
Ikonische verliert an Bedeutung, innere Bezüge und Kraftlinien treten
deutlicher hervor.
6. Zustand
Der dem Stier eigene wuchtige Schädel wird hier fast
ironisch ästhetisiert, Die Arbeit reibt sich auf zwischen motivlichen und
bildnerischen Anschauungen.
7. Zustand
Die bildnerischen Elemente treten eindeutig in den
Vordergrund und bekommen auch eine eigene Wertigkeit. Die Begrenzungslinie wird
hier herausgearbeitet, auch der Schädel bekommt damit ein neues Gewicht. Die
innere Flächengliederung erfasst verschiedene Kraftzentren.
8. Zustand
Das feinteilige Liniengeflecht verzichtet auf alle der
üblichen Anschauung verpflichteten Elemente, Ikonisierungen bleiben erhalten im
Bereich des Schwanzes und des Genitals. Ansonsten ist die Arbeit
charakterisiert durch innere Formbezüge, die Massen und dynamische
Kraftbeziehungen untersuchen.
9. Zustand
Hier werden diese Ergebnisse noch einmal komprimiert. Der
Schwanz bekommt einen höheren Abstraktionsgrad und wird dadurch in seiner
Kraftentfaltung akzentuiert.
10. endgültiger Zustand
Alles wird auf den Umriss reduziert, die Wucht wird durch
die Kleinheit des Kopfes wieder intensiviert, die erarbeiteten Massenbezüge und
Kraftfelder bleiben durch den Umriss hindurch erhalten. Die Rücken- und
Halslinie ist ein wunderbares Beispiel, wie energetische Zustände hier ihren
Ausdruck finden.
tilmanrothermel.de
Das Eigentliche ist das, was trotz aller Zufälligkeiten,
momentaner Modifikationen, und anderer möglicher Einflüsse, das
Unverwechselbare, den ganz ureigensten Kern einer Sache oder einer Person
ausmacht.
Immer geht es dabei um die Identität, also das, was trotz
aller momentaner Wirren unveränderlich erscheint, bzw. ist. Nach außen kann die
Identität immer wieder neue
Erscheinungsformen bekommen, nach innen bleibt sie sich treu.
Ziel der Abstraktion ist es, das
Wesentliche der Gestalt "herauszuschälen" eben durch "Weglassen".
(tilmanrothermel.de)
Piet Mondrian (1872–1944), Der
graue Baum, 1912,
Öl auf Leinwand, 78,5 x 107,5 cm
Der Künstler also entscheidet, was
wesentlich ist, was er modifiziert und was er weglässt. Das kann für den
Rezipienten ganz anders sein. Es ist nicht gesagt, dass das, was der Künstler
als wesentlich ansieht, auch für den Betrachter das Wesentliche ist.
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