Samstag, 3. September 2011
Kunstwerkanalyse
Allgemein: zu unterschiedlichen Epochen haben Kunstwerke unterschiedliche Funktionen und Zweckbestimmungen gehabt. Religion, Staatsform und das Denken der Menschen haben sich im Stil bestimmter Epochen niedergeschlagen.
Um ein Bild zu analysieren und zu interpretieren, kann man sich an nachfolgende Schritte halten. Wichtig ist bei allen Schritten, dass man nicht wild erfindet, sondern im Bild bleibt und sich an das hält, was sichtbar ist. Und man geht immer vom Ganzen zur Einzelnen, vom Wichtigen zum weniger Wichtigen, vom Sichtbaren zu dem, was man vermuten kann.
1. Beschreibung des Äußeren:
kurz darstellen, welche Art von Werk, Format, Technik vorliegt, evtl. erster Eindruck. Immer so, dass ihr bedenkt, es müsste für jemanden „sichtbar“ werden, der das Werk nicht kennt
2. Formale Bestandsaufnahme:
alles, was sichtbar ist, wird aufgelistet
a. Kurzbeschreibung der gesamten Anordnung. Wichtige Einzelteile und ihr Zusammenspiel. Figuren, Dinge, Landschaft, Beziehungen zueinander? Gibt es Richtungen, Unterteilungen, Aufteilungen von Flächen? Gibt es Symmetrien, Reihungen, Ordnungen, Kompositionsfiguren (Dreieck, Oval, Kreis...), Schwerpunkte und Blickführungen im Werkaufbau; Aufteilungen in Vordergrund, Mittelgrund, Hintergrund
b. Beschreibung der Farbigkeit und Hell-Dunkel-Werte: Sind Farben rein eingesetzt oder getrübt, sind die Farben verwandt, gibt es einen Farbklang?
Sind Farbkontraste eingesetzt, ergeben sich Farbharmonien oder kämpfen Farben miteinander? (den Farbkreis sollte man kennen, ebenso Komplementärfarben und Farbmischungen). Wie sind Licht und Dunkelheit eingesetzt? Welche Stimmung wird durch die Farbigkeit erzeugt?
c. Darstellungsart: Wie hat der Künstler sein Motiv dargestellt? Wie ist er mit der Farbe umgegangen (Materialwahl, Auftrag, Werkzeug)? Ist die Darstellung naturalistisch angelegt? Hat der Künstler die naturalistischen Mittel beherrscht (3 Illusionen und 3 Richtigkeiten)? Ist die Darstellung flächig oder räumlich angelegt? Gegenständlich oder abstrahiert? Idealisiert oder realistisch ausgedrückt? Ergibt sich eine Raumwirkung? Wo ist der Betrachterstandpunkt festgelegt? Kann man eine Stilzugehörigkeit im Werk erkennen?
3. Interpretation
a. Werkimmanente Deutung (heißt, dem Werk innewohnend; also auf das bezogen, was man wirklich auch sehen kann): Bedeutung von Einzelheiten im Werk. Gibt es Symbole, Allegorien, allgemeine Zeichen? Was bedeuten die Komposition und die Anordnung der Einzelteile im Kunstwerk? Welche Funktion hat Farbigkeit; gibt es besonders wichtige Dinge, die farblich hervorgehoben werden, gibt es symbolische Farben, wird ein Ausdruck verstärkt? Mit welchem Ziel sind Raumwirkungen und Perspektive eingesetzt? Welche Bedeutung fällt dem optischen Mittelpunkt zu?
b. Ein übergeordneter Zusammenhang hilft, die Interpretation klarer werden zu lassen. Dafür deutet man biografische Aspekte wie z.B. die künstlerische Entwicklung oder Erlebnisse im Leben des Künstlers, die einen Einfluss auf die künstlerischen Arbeiten haben könnten. Hatte der Künstler einen besonderen Standpunkt im Leben? War er akzeptiert oder Außenseiter, konnte er von seiner Kunst leben? Was wollte er?
Der gesellschaftliche Aspekt klärt, für wen das Werk geschaffen wurde, war es ein Auftrag oder war der Künstler frei in seinen Gestaltungen? Für wen wurde das Werk geschaffen und in welchem Umfeld (historisch, gesellschaftlich, politisch) stand es?
In welchem kunsthistorischen Zusammenhang steht das Werk? Gehört es einem Stil an? Wie wirkte es zu seiner Zeit, wie ist es heute?
4. Eigene Stellungnahme:
Hier entwickelt ihr eure eigene Meinung. Wie wirkt das Werk auf euch? Hat sich eure Haltung zum Kunstwerk geändert, während ihr es betrachtet habt? Ist es verständlich geworden, vielleicht nachvollziehbar? Ist es zu weit entfernt von unserer Zeit?....
Man kann ein Werk seitenlang beschreiben, das merkt ihr schon an dieser Liste. Das Wesentliche soll man erkennen, und so setzt man beim Schreiben dann auch seine Schwerpunkte. Nicht jeder Aspekt ist für jedes Werk gleich gültig. Genaues Hinsehen ist immer nötig, das übt man mit diesem Schema. Und man merkt auch, wie viel mehr man an einem Kunstwerk entdecken kann, wenn man länger damit umgeht.
Einige Begriffe:
Naturalistische Kunst
hat zum Ziel, möglichst naturgetreu abzubilden; die Nachahmung und Imitation der äußeren Gegenständlichkeit hat sich über Jahrhunderte herausgebildet. Die äußere Abbildungsrichtigkeit ist der oberste Maßstab. Naturalistische Darstellung ist ein künstlerisches Handwerk.
Die Ungegenständlichkeit
ist das Gegenteil, in der Abstraktion kann das Naturvorbild verwandelt werden oder sich ganz verabschieden.
Idealisierende Kunst
will überhöhen, verschönern, mehr machen als die äußere Wirklichkeit es hergibt.
Realistische Kunst
will auch die innere Wahrheit darstellen. Das kann der gesellschaftliche Zustand sein oder das Innenleben eines Menschen. Will ein Künstler mehr Ausdruck transportieren oder Botschaften über sein Werk vermitteln, wird er, (das gilt für die gesamte moderne Kunst ab van Gogh), oft von der äußeren Richtigkeit Abstand nehmen, Farben ändern, Haltungen und Gesichtsausdrücke übersteigern, naturalistische Methoden abschwächen.
Oft muss man was nachschlagen: Geschichte oder Fremdwörter oder Künstlerdaten, z.B. über www.artlex.com oder www.artcyclopedia.com oder www.kunstlinks.de oder einfach in der Bücherei. Dies ist, in vielen Bereichen der Kunst, ertragreicher und zuverlässiger als unbenannte Quellen im Netz.
Niemals soll man sich durch Schriften wie diese entmutigen lassen. Kunst macht Spaß, und wenn man Bilder lesen kann, ist es mit der Zeit ganz einfach, mit wenigen Blicke zu erkennen, was das Werk von einem will. Positiv dabei: man wird Werbung und andere Manipulationsmethoden schnell durchschauen, - man wird schlauer, und das ist ja wohl gut...
hier koennt ihr ein wenig nachlesen und stoebern um sicherer im umgang mit werkanalysen zu werden...
allgemein :
http://www.andreashurni.ch/index2.html
http://www.kusem.de/lk/werkst/werset.htm
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