Samstag, 27. April 2013

abstrakt-abstrahiert


Abstrakte Kunst (auch gegenstandslose Kunst) ist eine Kunstrichtung, die mit dem Anfang des 20. Jahrhunderts begann, als die ersten Maler sich immer weiter von der Wiedergabe oder Interpretation der realen Welt in ihrer Malerei entfernten. Unter die Bezeichnung fallen sowohl „abstrakt-abstrahierende“ wie „abstrakt-gegenstandslose“ Werke. Erstere abstrahieren vom Gegenstand, letztere bedienen sich autonom der malerischen Mittel ohne jeden Gegenstandsbezug. (wikipedia)
Geht man vom Begriff 'abstrahieren' aus, dann heißt dies "etwas abziehen". Es gibt also etwas Ganzes ...von dem etwas abgezogen werden soll. Ziehen wir von hundert zehn ab, bleiben 90 übrig. Bei der Abstraktion im Bildnerischen ist das nicht so. Ziehen wir z.B. von einem Gesicht Pickel ab, so ist das Ergebnis nicht weniger, sondern zumindest anders, eher ist es sogar mehr. Es ist vom Zufälligen befreit.

Pablo Picasso, "Stier", 5.12.1945 bis 17.1.1946, Lithografie, ca. 29x42 cm
Diese Serie von Picasso ist ein gutes Beispiel um zu demonstrieren, was Abstraktion kann. Das was als "wesentlich" erscheint kann immer neu gesehen werden.

1. Zustand
Man kann hier den ikonischen Ursprung deutlich nachvollziehen











2. Zustand
Hier wird das Elementare des Animalischen herausgearbeitet.












3. Zustand
Proportion und Kraft könnten hier im Zentrum stehen.












4. Zustand
Vielleicht hier das animalisch Dumpfe, das "Fleisch".
            












5. Zustand
 
Ein Wechsel in Richtung 'Formulierung' findet statt, das Ikonische verliert an Bedeutung, innere Bezüge und Kraftlinien treten deutlicher hervor.










6. Zustand
Der dem Stier eigene wuchtige Schädel wird hier fast ironisch ästhetisiert, Die Arbeit reibt sich auf zwischen motivlichen und bildnerischen Anschauungen.








7. Zustand
Die bildnerischen Elemente treten eindeutig in den Vordergrund und bekommen auch eine eigene Wertigkeit. Die Begrenzungslinie wird hier herausgearbeitet, auch der Schädel bekommt damit ein neues Gewicht. Die innere Flächengliederung erfasst verschiedene Kraftzentren.






8. Zustand
 
Das feinteilige Liniengeflecht verzichtet auf alle der üblichen Anschauung verpflichteten Elemente, Ikonisierungen bleiben erhalten im Bereich des Schwanzes und des Genitals. Ansonsten ist die Arbeit charakterisiert durch innere Formbezüge, die Massen und dynamische Kraftbeziehungen untersuchen.






9. Zustand

Hier werden diese Ergebnisse noch einmal komprimiert. Der Schwanz bekommt einen höheren Abstraktionsgrad und wird dadurch in seiner Kraftentfaltung akzentuiert.








10. endgültiger Zustand
 
Alles wird auf den Umriss reduziert, die Wucht wird durch die Kleinheit des Kopfes wieder intensiviert, die erarbeiteten Massenbezüge und Kraftfelder bleiben durch den Umriss hindurch erhalten. Die Rücken- und Halslinie ist ein wunderbares Beispiel, wie energetische Zustände hier ihren Ausdruck finden.
tilmanrothermel.de





Das Eigentliche ist das, was trotz aller Zufälligkeiten, momentaner Modifikationen, und anderer möglicher Einflüsse, das Unverwechselbare, den ganz ureigensten Kern einer Sache oder einer Person ausmacht.
Immer geht es dabei um die Identität, also das, was trotz aller momentaner Wirren unveränderlich erscheint, bzw. ist. Nach außen kann die Identität  immer wieder neue Erscheinungsformen bekommen, nach innen bleibt sie sich treu.
Ziel der Abstraktion ist es, das Wesentliche der Gestalt "herauszuschälen" eben durch "Weglassen". (tilmanrothermel.de)

 Piet Mondrian (1872–1944), Der graue Baum, 1912,
Öl auf Leinwand, 78,5 x 107,5 cm

Der Künstler also entscheidet, was wesentlich ist, was er modifiziert und was er weglässt. Das kann für den Rezipienten ganz anders sein. Es ist nicht gesagt, dass das, was der Künstler als wesentlich ansieht, auch für den Betrachter das Wesentliche ist.